Zugang zur Gesundheitsversorgung, Gesundheitszustand und Risikofaktoren – Das deutsche Gesundheitssystem im europäischen Vergleich

WIP-Analyse April 2025

Dr. Tatjana Begerow, Nina Leugers, Louis Junghanns, Dr. Frank Wild

Die Studie stellt Kennzahlen zum Gesundheitssystem, zu den Gesundheitsergebnissen und zu beeinflussbaren Risikofaktoren von zehn europäischen Ländern und dem EU-Durchschnitt transparent in Ranglisten gegenüber. 

Hinsichtlich des Zugangs der Bevölkerung verfügt Deutschland über eines der besten Gesundheitssysteme in Europa. In der Rangliste der untersuchten Länder belegt Deutschland Platz eins. Der Leistungskatalog ist sehr umfassend, die Zuzahlungen sind niedrig und die Wartezeit für Arzttermine ist eine der kürzesten in Europa. Zudem sind in keinem anderen Land innovative Medikamente so schnell verfügbar.

Die Analyse legt nahe, dass die vergleichsweise niedrige Lebenserwartung in Deutschland eine Folge einer verbreiteten ungesunden Lebensweise ist. Der hohe Bedarf an medizinischen Leistungen aufgrund der Auswirkungen des zu beobachtenden Lebensstils trägt laut der Studie maßgeblich zu den hohen Gesundheitsausgaben in Deutschland bei. Bei einer Reihe von Lebensstilfaktoren weist Deutschland nur durchschnittliche oder sogar unterdurchschnittliche Werte auf. Im Durchschnitt aller betrachteten verhaltensbedingten Risikofaktoren für die Gesundheit belegt Deutschland im Ranking der betrachteten Länder den letzten Platz. 

- Deutschland gehört zu den Ländern mit überdurchschnittlich hohem Alkoholkonsum, 30 Prozent der Erwachsenen in Deutschland betreiben mindestens einmal im Monat Rauschtrinken (EU-Durchschnitt: 19 Prozent). Der Pro-Kopf-Alkoholkonsum liegt über dem EU-Durchschnitt. 

- Der Konsum von Zucker und Fett übersteigt in Deutschland deutlich die WHO-Empfehlungen. Im Vergleich zu den anderen Ländern gehört Deutschland bei Betrachtung der Indikatoren zum Obst-, Gemüse-, Fett-, Zucker- und Hülsenfrüchteverzehr zu den Ländern mit den schlechtesten Ernährungsgewohnheiten. 

- Nur etwa die Hälfte der Erwachsenen erfüllt die WHO-Empfehlung von mindestens 150 Minuten moderater bis intensiver körperlicher Aktivität pro Woche, während weniger als jeder sechste Jugendliche die empfohlene tägliche Bewegungsdauer von mindestens 60 Minuten erreicht. 

- Die Defizite in der Ernährung und Bewegung spiegeln sich in hohen Prävalenzen von Übergewicht und Adipositas wider, die in Deutschland sowohl bei Erwachsenen als auch bei Jugendlichen im europäischen Vergleich hoch sind. Immerhin 53 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind übergewichtig oder fettleibig.

Die aufgezeigten Problemfelder, insbesondere in den Bereichen Alkoholkonsum und Ernährung, verdeutlichen die Notwendigkeit gezielter Maßnahmen zur Förderung eines gesundheitsbewussten Lebensstils und einer verbesserten Gesundheitskompetenz.

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