Methodische Aspekte der Auswahl von Daten der Privaten Krankenversicherung: Unterschied zwischen Einreichungs- und Inanspruchnahmeverhalten

WIP-Analyse Oktober 2025

Dr. Christian Jacke, Dr. Tatjana Begerow, Julia Schaarschmidt

Die WIP-Analyse befasst sich mit den Auswirkungen der Art der Datenzusammenstellung und der Auswahl der Beobachtungszeiträume auf Messungen des Einreichungs- und Inanspruchnahmeverhaltens. Da Privatversicherte ihre Rechnungen oft zeitversetzt (oder gar nicht) einreichen, können PKV-Daten Verzerrungen aufweisen, wenn diese Effekte nicht berücksichtigt werden. Die Analyse unterscheidet daher zwischen einreichungsorientiertem Verfahren (Orientierung am Zeitpunkt der Rechnungseinreichung) und ressourcenorientiertem Verfahren (Zuordnung der Leistungen zu ihrem tatsächlichen Leistungs- bzw. Bezugsjahr).

Wichtigste Ergebnisse:

  • Das einreichungsorientierte Verfahren liefert ein zeitnahes, aber unvollständiges Bild: etwa 65 % der GOÄ-Sitzungen und 75 % der Arzneimittelverordnungen werden im selben Jahr in Anspruch genommen und eingereicht. Werden nur diese Leistungen berücksichtigt, fehlen die Leistungen eines Jahres, die erst zeitverzögert eingereicht werden. Das ressourcenorientierte Verfahren ergänzt nachträglich eingereichte Rechnungen und bildet die tatsächliche Inanspruchnahme damit nahezu vollständig ab – allerdings mit einer Zeitverzögerung. Mit den nachträglichen Einreichungen des ersten Folgejahres lassen sich bereits rund 98–99 % der tatsächlichen Inanspruchnahme aufzeigen.
  • Für wissenschaftliche Studien wird das ressourcenorientierte Verfahren als Goldstandard empfohlen. Nur damit lassen sich valide Aussagen zur tatsächlichen Inanspruchnahme medizinischer Leistungen treffen. Das einreichungsorientierte Verfahren kann hingegen für Trendanalysen genutzt werden, sofern der systematische Bias bekannt ist und konstant bleibt.
  • Eine ungleichmäßige Verteilung der Einreichungen über das Jahr stellt eine Herausforderung für ein zeitnahes unterjähriges Monitoring dar. Erforderlich sind daher Verfahren zur Abschätzung der Verzerrungen und/oder die Entwicklung adjustierter Forecasting-Modelle.
  • Selbstbehalte können zu einer Unterrepräsentation bestimmter (günstiger) Leistungen führen. Weitere Forschung ist notwendig, etwa durch Abgleich mit Primärdaten oder Sensitivitätsanalysen.
  • Jede PKV-Datenanalyse sollte das Verfahren der Datenauswahl transparent dokumentieren (Abfragezeitpunkt, Erfassungszeiträume, Einreichungsfenster), um Nachvollziehbarkeit und Vergleichbarkeit sicherzustellen.

 

 

 

 

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